Als Anwalt bekommt man oft zu hören, dass man in rezessiven Phasen antizyklisch partizipiere.

Dies erweist sich jedoch in der jetzigen Finanz- und Wirtschaftskrise als Irrtum. Zwar steigt in wirtschaftlichen Abschwungphasen der Beratungsbedarf bei Unternehmen, die kurz vor dem Konkurs stehen; doch das Restrukturierungsgeschäft allein kann für viele Kanzleien das Ausbleiben großer Transaktionen nicht ausgleichen.

Grosskanzleien kämpfen gegen deutlich zweistellige Umsatzeinbrüche

Insbesondere kämpfen Grosskanzleien gegen deutlich zweistellige Umsatzeinbrüche; denn seit dem die Unternehmenskäufe ausbleiben, weil sich Banken, Private-Equity-Fonds und strategische Investoren aus dem Markt verabschiedet haben, fehlen wichtige Einnahmequellen. Einige Wirtschaftskanzleien sind selbst über Nacht zu einem Restrukturierungsfall geworden. Vor allem angelsächsische Kanzleien sind stark betroffen. Bislang haben in Grossbritanien schon annähernd 3.000 Wirtschaftsanwälte ihren Job verloren.

Tagesaktuelle Zahlen zu den Entlassungen auf der Insel liefert das Branchenblatt „The Lawyer“ über einen „Legal Job Watch“ im Internet: Danach haben unter anderem die Kanzleien des sogenannten Magic Circle, d.h. Linklaters bislang 270 Anwälte, Allen & Overy 247, DLA Piper 176 und Clifford Chance 130 Anwälte entlassen. Doch nicht alle Kanzleien reagieren mit Massenentlassungen auf die Krise. So hat Norton Rose seinen Anwälten gerade das Angebot unterbreitet, für ein Jahr lang auf 15 Prozent ihrer Bezüge zu verzichten und dafür nur noch an vier Tagen die Woche zu arbeiten. Alternativ können die Associates auch ein Sabbatical von bis zu drei Monaten nehmen, wenn sie dafür mit 30 Prozent ihres Basisgehalts auskommen.

Auch Partner in deutschen Grosskanzleien spüren die Auswirkungen der Krise

In Deutschland hat zwar noch keine Kanzlei Kurzarbeit angemeldet. Doch auch hierzulande kämpfen etliche der ganz grossen Kanzleien gegen deutlich zweistellige Umsatzeinbrüche. Partner, die nicht genügend Umsätze generieren, müssen gehen oder werden herabgestuft. Und die verbliebenen Anwaltsgesellschafter leisten Kapitalspritzen, um die Verluste auszugleichen. Hält die Wirtschaftskrise weiter an, dürfte die Unzufriedenheit steigen. Im Handelsblatt wurde jüngst darüber spekuliert, dass die eine oder andere internationale Großkanzlei in Deutschland zusammenbricht.

Um in der Vergangenheit die großen Transaktionen in kürzester Zeit zu stemmen, wurden die Anwaltsteams in der Boomzeit extrem aufgestockt. In der Spitze kamen so acht angestellte Anwälte auf einen Partner. Dieses Verhältnis wird jetzt wieder zurückgefahren.

Die Folge: Die Großen überarbeiteten derzeit ihre Geschäftskonzepte und suchen nachhaltige und möglichst konjunkturunabhängige neue Beratungsfelder, wie zum Beispiel den Markt für Erneuerbare Energien sowie die Medizintechnik, Branchen, die durch eine Vielzahl von kleineren bis mittleren Unternehmen angetrieben werden und damit eigentlich für Großkanzleien uninteressant sind.

Bei Mariscal & Asociados scheinen wir als kleinere internationale Wirtschaftskanzlei die Ausnahme zu sein, die die Regel bestätigt, denn derzeit entlassen wir keine Anwälte; vielmehr stellen wir gerade ein.